Warum aus „Nein heißt Nein“ ein „Ja heißt Ja“ werden muss

TRIGGERWARNUNG:
Dieser Artikel behandelt Themen wie sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung, Mobbing und psychische Gewalt.

Find the English version of this article here.

(Zum Thema hört auch meine Podcast-Folge mit dem Transkript meines Talks #ustoo, den ich 2018 auf der re:publica Konferenz gehalten habe)

Es ist nun schon über eine Woche her, dass es im Internet einen mittelgroßen Shitstorm gab.

Ausgelöst davon, dass der Kiwi Verlag vor einigen Monaten ein Buch mit Gedichten von Rammstein-Frontsänger Till Lindemann veröffentlich hatte, das unter anderem ein Gedicht über eine Vergewaltigungsfantasie enthält, bei der dem Opfer K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt werden.

In Folge gab es Protest von Betroffenen solcher Gewalt, worauf Helge Malchow, Editor-at-Large bei Kiepenheuer & Witsch, sich öffentlich dazu äußerte:

„Die moralische Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten lyrischen Ich, mit dem Autor Till Lindemann.“.

Worauf es – zurecht – umso mehr Protest gab.

Doch dazu gleich mehr.

Ein Shitstorm flacht schnell ab, doch mich beschäftigt dieser Fall immer noch, deshalb möchte ich euch erzählen, was hinter meinen Kulissen passiert ist und welche Forderungen ich stelle.

Samstag vor einer Woche ging ich morgens zur Post, um ein paar Pakete zu verschicken. In der Schlange (mit Abstand natürlich) las ich eine Nachricht, in der mir eine Followerin die Instagram Story von meiner Freundin Kristina Lunz schickte.

Kristina ist feministische Aktivistin, Mitbegründerin und Deutschlanddirektorin des Centre for Feminist Foreign Policy und Beraterin für das Auswärtige Amt.

In ihrer Story teilte sie sowohl den Wortlaut des Gedichts wie auch die Antwort des Verlegers.

Mich traf beides wie ein Schlag ins Gesicht, mein Herz begann zu rasen und ein Gefühl der Lähmung breitete sich in meinem Körper aus.

Ich bekam Symptome von PTSD (engl.)/Posttraumatische Belastungsstörung.

Ich selbst wurde 2012 Opfer einer Vergewaltigung und habe viele weitere sexuelle Übergriffe in meinem Leben erlebt. 2007 wurde ich Opfer eines gewalttätigen transphoben Übergriffs, auch dieses Trauma sitzt tief in meinen Knochen. Seit 2015 spreche ich öffentlich darüber.

Was aber nicht heißt, dass ich das Erlebte für immer 100 % verarbeitet habe.

Ich spüre Trigger.

Ein psychologisches Phänomen, das ganz viele Menschen betrifft, die Gewalterfahrungen gemacht haben.

Bei mir treten PTSD Symptome vor allem dann auf, wenn Fälle von sexualisierter Gewalt medial diskutiert werden und die Opfer kein Gehört finden bzw. ich Zeugin davon werde, wie diese Opfer herabgewürdigt oder stigmatisiert werden oder ihnen schlichtweg nicht geglaubt wird.

Oder wenn Täter entschuldigt und entlastet werden.

Das passierte in den letzten Jahren unter anderem, als Gina-Lisa Lohfink vor Gericht stand, als Christina Blasey Ford gegen Brett Kavanagh aussagte, als Bill Cosby und Harvey Weinstein vor Gericht standen.

Dazu kommen private Situationen wie letztes Jahr, als ich auf einer Konferenz in Portugal als Speakerin eingeladen war und – als Teil der Charity vor Ort – ein von dem Fußballspieler Ronaldo signiertes T-Shirt verlost wurde.

Ronaldo wurde von einer Amerikanerin der Vergewaltigung beschuldigt und angezeigt, es gab eine außergerichtliche Einigung und eine erneute Zivilklage, die letztendlich fallen gelassen wurde, was aber nicht bedeutet, dass der Beschuldigte unschuldig ist, sondern vor allem, dass er mehr Macht und Geld besitzt als die Beschuldigende.

Sogenannte „nondisclosure agreements“ sind übrigens in den USA gang und gäbe: So bezahlte Weinstein jahrzehntelang Opfer wie auch der aktuelle Präsident Donald Trump. Über Trumps Fälle, bei denen er sexuellen Übergriffen beschuldigt wurde, gibt es auch einen eigenen Wikipedia Eintrag.

Ich sprach einen der Veranstalter in Portugal auf die Ronaldo Sache an, worauf dieser nur erwiderte:

„Diese Frau ist eine dreckige Lügnerin, die es nur auf sein Geld abgesehen hat!“.

Ich fing zu zittern an und sagte – aus Selbstschutz – „ich möchte nicht weiter über dieses Thema sprechen“. 20 Minuten später musste ich auf die Bühne und einen Vortrag halten, obwohl ich sehr aufgebracht und getriggert war. Es war extrem schwierig für mich so zu tun, als wäre alles in Ordnung.

Irgendwie schaffte ich es, den Vortrag zu halten. Ich vertraute mich vor Ort zwei Frauen an, die mich sehr unterstützten, und telefonierte anschließend lange mit meinem Partner.

So schön die Konferenz im Gesamtbild war, so sehr überschattet dieses Erlebnis meine gesamte Reise dorthin und bis heute schiebe ich es vor mir her, dem Veranstalter noch mal zu schreiben und ihm zu erklären was seine Aussage bei mir ausgelöst hat.

Der Vorwurf der Falschbeschuldigung ist nur ein Baustein der Problematiken im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt.

Die großartige Feministin und Journalistin Teresa Bücker hat es mal in einem Tweet auf den Punkt gebracht:

„Ich verstehe wirklich nicht, warum die Angst vor Falschbeschuldigungen so hoch ist. Kaum ein Mann wird das jemals erleben – arbeitet mit an den Lösungen, um sexualisierte Gewalt zu beenden, aber Falschbeschuldigungen hochzustilisieren, ist der falsche Weg. Im Gegenteil: Wer sexualisierte Gewalt zur Anzeige bringt, hat viel zu verlieren. Daher kommt die große Mehrheit aller Übergriffe nie zur Anzeige. Eine Falschbeschuldigung ist wohl der Weg mit den wenigsten Erfolgsaussichten für eine Frau, etwas im Leben zu erreichen. Es ist ein absoluter Mythos, die Falschbeschuldigung sei eine beliebte Rache-Strategie von Frauen – oder sie wollen dadurch gar berühmt werden. Das Risiko für einen Mann selbst Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden, ist um ein Vielfaches höher, als irgendwann durch eine Frau falsch der Vergewaltigung bezichtigt zu werden.“ (Quelle: Twitter)

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen:

Es gibt nichts Beschisseneres und Unangenehmeres, als darüber zu reden.

Das macht keinen Spaß. Das tut weh. Das kostet Kraft. Jedes einzelne Mal.

Es hat Jahre gedauert, mich aus der Opferrolle zu befreien und die Scham zu überwinden, mit der Opfer systematisch zum Schweigen gebracht werden.

Wenn es selbst mich, die ich outspoken und selbstbewusst bin, so unglaublich viel Kraft kostet, kann man sich leicht vorstellen, wie unmöglich dies für viele Betroffene ist, zumal in einem Klima in dem ihnen kaum jemand glaubt.

(Sidenote: Es gibt kaum repräsentative Studien zu Dunkelziffern, Falschanschuldigungen, Verurteilungen, WEIL auch unser deutsches Justizsystem nach wie vor Opfern das Leben schwer macht und Täter schützt bzw. nicht repräsentative Ergebnisse erzeugt. Ich könnte mittlerweile beginnen meine eigenen Studien zu führen. Seit ich das erste Mal öffentlich zu dem Thema gesprochen habe, bekomme ich Nachrichten von Betroffenen, die meisten Fälle kamen weder zur Anzeige oder kaum zur Verurteilung. In vielen Fällen wären die Täter (Ex-) Partner, Freunde, Vertrauenspersonen, die die Opfer in emotionale Abhängigkeiten brachten oder danach emotional erpressten.)

Zurück zur Vergewaltigungslyrik von Lindemann.

Nachdem ich zurück zuhause war und mit Kristina in Kontakt, beschloss ich auch eine Instagram Story zu dem Thema zu posten. Kurz danach bekam ich erste Nachrichten von Betroffenen, die ebenfalls über eine Re-Traumatisierung klagten.

Zwei Fälle schockierten mich besonders.

Eine junge Frau, die im Dezember überfallen wurde. Nachdem der Täter keine Vergewaltigung vollziehen konnte, weil laut ihrer Aussage ihre Menstruationstasse die Vagina blockierte, verletzte er sie aus Frust darüber schwer. Er brach ihr die Nase, beide Nebenhöhlen und das Jochbein.

Sie schreibt: „Es ist unglaublich, dass man zusammengeschlagen und mit heruntergezogener Hose und hochgezogenem BH aufgefunden wird und manche Leute das nicht als sexuellen Übergriff sehen wollen.“.

Der zweite Fall ist der von Nina Fuchs.

Vor sieben Jahren wurde sie unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen vergewaltigt.

Fünf Jahre später wurde der Täter anhand seiner DNA über die Datenbank gefunden.

Dennoch hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt.

Mit Hilfe einer Petition kämpft Nina für ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren, die Aussicht auf einen Prozess und eine Verurteilung des Täters ist aber bei so einem Verfahren sehr gering.

Wir begannen uns zu schreiben, beschlossen zu telefonieren.

Am nächsten Tag sprachen wir über 2 Stunden.

Nina ist eine unglaublich klare, starke, fokussierte Frau, die es, wie ich, geschafft hat, sich aus der Opferrolle zu befreien, um ihre Stimme für die zu erheben, die keine haben.

Sie hat einen offenen Brief verfasst, der sich an Till Lindemann, den Herausgeber Alexander Gorkow (Süddeutsche Zeitung) und Helge Malchow, stellvertretend für den Verlag Kiepenheuer & Witsch (KiWi) richtet.

Da ich gute Pressekontakte habe, versuche ihr dabei zu helfen, ein Medium zu finden, das bereit ist diesen zu veröffentlichen.

Etwa 48 Stunden später müssen wir ernüchtert feststellen, dass weder die linksliberale Tageszeitung noch das progressive junge Online-Medium, noch das lokale Wochenmagazin diesen Brief veröffentlichen möchte.

Zwar wird mehrmals begründet, dass man prinzipiell keine offenen Briefe veröffentlichen würde oder nicht so schnell reagieren könne, aber wir mutmaßen, dass die adressierten älteren weißen Männer in Medienkreisen doch einen recht starken Einfluss haben und es sich niemand mit ihnen verscherzen möchte.

Soweit so gut. Doch nachdem Nina den Brief auch an die Redaktion der Süddeutschen Zeitung geschickt hatte, muss dieser intern ein bisschen herumgekommen sein, denn nur Stunden später bekommt sie eine persönliche E-Mail des KiWi Verlegers Helge Malchow.

Da es sich um eine private Nachricht handelt, kann ich den Wortlaut nur indirekt wiedergeben.

Die Struktur der Nachricht ähnelt der seines öffentlichen Statements.

Zunächst geht Malchow auf Nina als Betroffene ein, er spricht sich ausdrücklich gegen die Verherrlichung sexueller/sexualisierte Gewalt aus mit Rücksicht auf Opfer wie Nina aus Gründen von Mitgefühl und allgemeinen moralischen Gründen.

Ein Phänomen, das wir in diesem Kontext andauernd beobachten:

Distanzierung von Gewalt, vermeintliche Solidarität mit Betroffenen und dem damit verbundenen Bestreben, sich selbst aus der moralischen Verantwortung zu ziehen.

Um schließlich erneut zu proklamieren, dass jeglicher Zusammenhang zwischen dem Protest Betroffener und seinen Veröffentlichungen ein „Missverständnis“ sei, das von mangelndem Kunst- und Kulturverständnis herrühren würde. Ergo mangelnde intellektuelle Abstraktionsfähigkeit der Betroffenen.

Daraufhin folgt ein Absatz astreinen #mansplainings, in dem er sich nicht entblödet der Frau, die unter Einwirkung von K.-o.-Tropfen vergewaltigt wurde anhand von Paul Schraders „Taxi Driver“ die Legitimation von Gewaltdarstellung im künstlerischen Kontext zu erklären.

Und an dieser Stelle muss ich jetzt einfach mal laut STOP schreien!

Wie Kristina Lunz es in ihrem Video-Statement bereits auf den Punkt gebracht hat, geht es IMMER nur um Macht. Um Deutungsmacht und um Deutungshoheit.

Die Kultur, die Kunst, die Malchow beschreibt, ist geprägt von einer patriarchalen Welt und Sichtweise, in der es Tradition hat, dass der männliche Blick über die weiblichen Grundbedürfnisse gestellt wird.

In der es vollkommen normal ist, dass Frauen in Film und Literatur dem männlichen Blick unterliegen und objektifiziert werden.

Eine Kultur, in der die Unterdrückung weiblicher Lust und Sexualität eine lange Tradition hat und die Vorherrschaft männlicher Fantasien die Lesart so sehr bestimmt, dass viele Menschen und vor allem privilegierte weiße Männer dies überhaupt nicht wahrnehmen.

Weil sie so sozialisiert wurden und ihre Sicht und Entfaltung ihr komplettes Leben und künstlerisches Schaffen bestimmt hat, in dem andere diverse Sichtweisen eher eine periphere Rolle spielen.

Wieso um alles in der Welt sollten Menschen, die von systemischer sexualisierter Gewalt betroffen sind, das Recht haben, einen Kontext zwischen der kulturellen Verherrlichung solcher Gewalt und dem herzustellen, was ihnen passiert ist?

Impertinent?

Oder einfach ein Missverständnis?

Wieso sollten Betroffene sich aufregen dürfen, wenn des einen „Kunst“ bei ihnen posttraumatisches Stresssyndrom auslöst?

Wieso zählt die künstlerische Entfaltung einzelner Personen mehr als der Schmerz und das Trauma vieler?

Niemand spricht von Zensur, aber wäre es nicht mehr als an der Zeit, gesellschaftlich zu diskutieren, wie wir Dinge in Film, Kunst und Literatur darstellen und WIE WIR MIT DEM SCHMERZ DER BETROFFENEN UMGEHEN?

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, wir müssen die Grenzen neu ausloten und nicht überlegen, was Kunst darf oder nicht, sondern was sie MUSS.

Und was sie vielleicht einfach nicht muss.

Weil Menschen darunter leiden und schon immer gelitten haben.

Ein Künstler wie Till Lindemann betreibt seit Beginn seiner Karriere systematisch Tabubruch.

Mittlerweile auf so kalkulierbare und platte Art und Weise, dass es erstaunlich ist, wie immer noch so viele Menschen sich darauf einen runterholen.

Und hier liegt das Problem.

Jemand wie Lindemann veröffentlicht so einen Text mit Kalkül, weil so ein Shitstorm für ihn eine PR-Maßnahme ist. Er weiß, dass das „funktioniert“.

Nun mag es zwar die Menschen geben, die „ironisch reflektiert“ zu Rammstein Konzerten strömen und sich das Spektakel ansehen, aber genauso gibt es eine riesige Gruppe an Fans und Gefolge, die sich unreflektiert an Lindemanns Gewaltfantasien aufgeilen und vom „lyrischen Ich“ noch nie etwas gehört haben.

(Pop-)Kultur hat einen nicht zu leugnenden Einfluss auf unsere Gesellschaft. Ich möchte nicht grundsätzlich unterstellen, dass solche Texte zu Gewalttaten anstiften, aber eine Kultur, in der solche Texte nicht mal kritikfähig sind, begünstigen ein Klima für solche Taten zweifellos.

Indem seine „Werke“ vom Feuilleton geadelt, abgenickt und verteidigt werden, wird seine Bühne noch breiter und größer. Er ist ein berühmter, privilegierter weißer Mann, dessen künstlerische Entfaltung mehr zählt als die Traumata der Menschen, die Opfer von Gewalttaten wurden.

Dies gilt es zu kritisieren und zu überdenken.

Diese künstlerische Macht und ihre Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

Wenn mich jemand fragt, was ich mir auf der Welt wünschen würde, sage ich jedes Mal:

Empathie.

Ich wünsche mir bedingungslose Empathie für Betroffene, ich wünsche mir, dass Menschen wie Lindemann, Malchow, Gorkow einfach mal zuhören.

Dass sie die Nachrichten bekommen, die ich seit 2015 bekomme, dass sie ein Gefühl dafür bekommen, wie unfassbar hoch die Dunkelziffer bei Sexualstraftaten sein muss.

Jedes Mal, wenn ich öffentlich darüber spreche, ist es wie ein Wasserhahn, der aufgedreht wird, aus dem Geschichten strömen:

Geschichten von Verzweiflung, Schmerz, Verletzung, Degradierung, Erniedrigung, Mobbing, Unterwerfung, Erpressung.

Ich wünsche mir, dass wir das Thema gesamtgesellschaftlich anpacken und dass ALLE mitmachen.

Zudem wünsche ich mir, dass, wie bereits in Spanien und Schweden gesetzlich verankert, aus „Nein heißt Nein“ ein „Nur Ja heißt Ja“ wird.

Zur Förderung einer Konsenskultur in Deutschland.

Zwar gibt es Expert*innen, die sagen, dass der deutsche Gesetzestext des 2016 reformierten Sexualstrafrechts diese Annahme eigentlich schon enthält, doch wird dies de facto in der Rechtsprechung zu wenig berücksichtigt.

Das Problem mit dem aktualisierten Sexualstrafrecht ist, dass ein Konsensgrundsatz – ein klares „Nur Ja heißt Ja“ – darin nicht verankert ist. Auch wenn unter Punkt 2 der Zusatz „sei denn, er [der Täter] hat sich der Zustimmung dieser Person versichert“ steht, so ist es doch äußerst fraglich, wie eine Person, die „auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist“, denn überhaupt in der Lage sein soll, ihre Zustimmung zu geben. Dies erscheint sehr widersprüchlich zu sein. Zwar sind Menschen, die aufgrund von K.-o.-Tropfen, tonischer Immobilität (Schockstarre) etc. ein klares Nein nicht äußern können, durch diesen Absatz berücksichtigt, aber ein klarer Konsensgedanke, dass jeder nicht einvernehmliche Geschlechtsverkehr eine Vergewaltigung ist, fehlt schlichtweg.

Dies würde nämlich heißen, dass nicht das Opfer nachweisen muss, dass es ausdrücklich Nein gesagt hat, sondern der/die Beschuldigte, dass er/sie ein zustimmendes „Ja“ bekommen hat, was einen enormen Shift in der Rechtsprechung bedeuten würde.

Noch ein Nachtrag zum Thema Statistiken:

Der Fall von Nina Fuchs würde im Falle einer endgültigen Freisprechung (obwohl es nachgewiesen DNA-Spuren gibt) in die Rubrik „Falschbeschuldigungen“ fallen; man muss sich also schon genauer fragen, wie die bestehenden Statistiken zustande kommen und welche Lesart angewandt wird.

Ich möchte diesen Beitrag positiv abschließen.

Ich freue mich, dass ich durch diesen Vorfall mit Nina in Kontakt gekommen bin und eine weitere Verbündete gefunden habe.

Nina plant in naher Zukunft einen Verein zu gründen und ich werde sie auf diesem Weg mit allen Mitteln unterstützen.

Wir brauchen radikale Veränderungen, um die zu schützen, die keine Stimme haben.

Wir sind erst am Anfang.

Header Bild: Annabell Sievert